Charta der Werte

Mehr als zwanzig Jahre im Dienst eines aussergewöhnlichen Kulturerbes im Herzen Europas

Unsere Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien -und stätten » wurde vor fast einem viertel Jahrhundert gegründet. Ambitioniert hat sie sich zum Ziel gesetzt, dieses gemeinsame Kulturerbe einer Vielzahl von Menschen in unserem europäischen Haus zugänglich zu machen.

Seit seiner Gründung (1089) fiel der Orden von Citeaux auf durch die Rückkehr zu den ursprünglichen Idealen des Mönchtums, besonders zur Tradition der Abgeschiedenheit – und zugleich initiierten die Mönche des neuen Ordens großartige Erneuerungen. Durch die Gründung zahlreicher neuer Abteien oder auch durch die Integration Klöster anderer Orden realisierte sich in den nachfolgenden zwei Jahrhunderten die Vision der Gründerväter und läutete damit eine neue Epoche für ganz Europa ein. Die Einzigartigkeit des Ordens zeigt sich in intellektueller und spiritueller Hinsicht, aber auch in seinen genialen technischen Leistungen und den bemerkenswerten Errungenschaften des Ordens hinsichtlich Organisation, Raumplanung und Bautechnik.

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Durch das Filiationsprinzip, die geistliche Ausstrahlung und den wirtschaftlichen Erfolg verbreitete sich das zisterziensische Mönchtum mit einer enormen Geschwindigkeit in ganz Europa und prägte dieses mittels miteinander verbundener Klosterlandschaften und effizienter Organisationsstrukturen.

So überschreitet das zisterziensische Kulturerbe seine Ursprünge inder ChampagneundinBurgund.«Defacto»–vonden Klostergründungen her, überwinden die Zisterzienser recht bald territoriale Grenzen und tragen damit zu einer europäischen kulturellen Identität bei. Mit ihren Stätten hinterlassen uns die Mönche ein beachtliches und aussergewöhnliches Erbe, das auch in den verschiedenen Lesarten und in der unterschiedlichen Rezeption der Inhalte zukunfts- und richtungsweisend für heutige und künftige Generationen sein kann.

UnsereVereinigung umfaßtheutemehrals200Abteienoder Zisterzienserstätten – verteilt in 11 europäischen Ländern – mit sehr unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen: mal sind sie in staatlichem Besitz, mal im Besitz einer religiösen Gemeinschaft, mal sind es öffentliche Körperschaften, Institutionen, private Eigentümer oder örtliche Vereinigungen. Auch darüber hinaus gibt es Unterschiede in Sprache, Gewohnheiten, Kirchennähe oder Kirchenferne.

Obwohl uns manchmal hunderte oder gar tausende Kilometer voneinander trennen, hält unsere Mitglieder in ganz Europa der Wille zusammen, dieses kulturelle Erbe zu bewahren und in Wert zusetzen,dieWissbegierNeueszuerfahren,derGeist der gemeinsamen Verantwortung und des Austauschs, der Respekt vor dem «genius loci» und der Auftrag, diesen weiter zu geben.

Diese Werte, die uns verbinden, finden Sie in der Mitte dieses Faltblattes in unserer «Charta der Werte» ausgedrückt.

Die gemeinsamen Werte

In Europa besteht ein beachtliches Kulturerbe des Zisterzienserordens; es ist hervorgegangen aus den 750 Männerabteien und den 1000 Nonnenklöstern, die seit der Gründung von Cîteaux in Frankreich im Jahre 1098 bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts entstanden sind. Hinzu kommen die Abteien, die seit dem 19. Jhd. gegründet wurden.

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien und – stätten » wurde 1993 offiziell von einigen Besitzern und Inhabern der Abteien gegründet. Diese sahen die Notwendigkeit, ein Netzwerk aufzubauen und so die legitime Verantwortung zu übernehmen, das materielle und immaterielle Kulturerbe der Zisterzienser zu erhalten und in Wert zu setzen. Die Gesellschaft handelt in voller Unabhängigkeit und ohne jedwede religiöse oder politische Bindung.

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien und –stätten » bietet ihren Mitgliedern einen Rahmen für Austausch und eröffnet die Möglichkeit zu gemeinsamem Nachdenken und Agieren im Dienste ihrer Ziele. Um das Kulturerbe zu bewahren und zu fördern, kann die Gesellschaft ihre Mitglieder auf verschiedenen Ebenen auch gegenüber Dritten vertreten.

Es ist eine europäische Gesellschaft. Die europäische Dimension spiegelt in der Tat die Geschichte der Zisterzienser, die territoriale Besonderheiten mit der Dynamik einer authenti- schen europäischen Kultur verbindet. Die zisterziensischen Klosterlandschaften sind auf dem ganzen europäischen Kontinent gewachsen und verstreut. Sie sind in einem lebendigen Netzwerk grenzüberschreitend eng miteinander verbunden und haben einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen Identität Europas geleistet.

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien und –stätten » sorgt dafür, das kulturelle Erbe bestmöglich zu bewahren und weiterzugeben. Dazu gehört, historische und archäologische Forschungen anzuregen und zu fördern. Eine nachhaltige und dauerhafte Bewahrung des zisterziensischen Erbes ist nur möglich, wenn die Menschen sich dessen Werte und dessen Gedenken zueigen machen; deshalb fördert die Gesellschaft dies durch Erziehung und Vermittlung in die Öffentlichkeit.

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien und –stätten » handelt zum Allgemeinwohl und dank des ehrenamtlichen Engagements ihrer Mitglieder ohne jeden wirt- schaftlichen Nutzen. Ihre Ziele sind grundsätzlich kultureller Art. Die Wirklichkeit wirtschaftlicher und umweltpolitischer Zwänge darf jedoch nicht übersehen werden. Manche Stätten haben in der Tat eine starke touristische Aktivität. Die Gesellschaft setzt sich für einen nachhaltigen und verantwortlichen Kulturtourismus ein.

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienserabteien und –stätten » ist ein Netzwerk von Abteien und Stätten, die deren Satzung und deren Charta der Werte zustimmen. Die Gesellschaft pflegt in erster Linie Solidarität und Freundschaft unter den Mitgliedern und sorgt dafür, dieses außerordentliche europäische Kulturerbe zu erhalten und bekannt zu machen.

Charta der Werte

Artikel 1. Bewahrung

Engagement, das materielle und geistige Erbe zu bewahren und zu fördern

Die Gesellschaft « Europäische Charta der Zisterzienser-Abteien und –stätten » und deren Mitglieder wirken für die Erhaltung des materiellen und geistigen Kulturerbes der Zisterzienser. Ihre Aktivitäten tragen zur Erhaltung, bzw Wiederherstellung der historischen Gebäude und Ländereien bei, gleich in welchem Zustand sie sich befinden. Ferner zielen sie darauf, den besonderen Platz der Zisterzienser in der europäischen Geschichte – besonders im XII. und XIII. Jahrhundert – einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen. Sie möchten erklären, was die einzigartige Identität des zisterziensischen Mönchtums ausmacht – in seinen intellektuellen und spirituellen Dimensionen, in der technischen Genialität und dem bemerkenswerten Talent als Organisatoren, Planer und Bauherren.

Artikel 2. Inwertsetzung

Engagement, das Kulturerbe nach außen bekannt zu machen und so für seine langfristige Erhaltung zu wirken

Die Gesellschaft und ihre Mitglieder setzen sich für das zisterziensische Kulturerbe ein, um den außerordentlichen Reichtum dieses Erbes bekannt zu machen und die bestmöglichen Bedingungen

für dessen langfristige Bewahrung zu schaffen. Die Inwertsetzung kann verschiedene Formen annehmen: z.B. Öffentlichkeitsarbeit im Fall einer nachhaltigen und verantwortlichen touristischen Aktivität vor Ort, Kommunikation für die Medien oder für bestimmte Veranstaltungen. Die Besitzer oder Inhaber können auch lokale Vereine mit der Inwertsetzung der Stätten beauftragen. Andere Zielgruppen sind Behörden, Institutionen, private oder gesellschaftliche Akteure, und Körperschaften auf lokaler, regionaler, nationaler, europäischer oder internationaler Ebene.

Artikel 3. « Genius loci »

Engagement, den « Genius loci » auch an Stätten zu bewahren, wo die Geschichte diesen zisterziensischen Raum anderen Nutzungszwecken zugeführt hat.

Die Gesellschaft ist zwar weltanschaulich neutral, unabhängig und frei von religiösen oder politischen Interessen, doch berücksichtigt sie den mit der Gründung des Zisterzienserordens vor 900 Jahren gesetzten religiösen Ursprung dieses Kulturerbes. Wenn die Geschichte den zisterziensischen Raum neuen Zwecken zugeführt hat (Tourismus, Wohnraum, usw), wachen die Gesellschaft und ihre Mitglieder darüber, dass der « genius loci » weder verschleiert noch herabgewürdigt wird, um den Besuchern eine möglichst authentische Erfahrung dieser bewahrten Orte zu ermöglichen.

Artikel 4. Pädagogik

Engagement, pädagogische Maßnahmen zu ergreifen und zu unterstützen, die die breite Öffentlichkeit für die Erhaltung dieses Kulturerbes sensibilisieren.

Die Gesellschaft und ihre Mitglieder ermutigen die europäischen Bürger, besonders die jungen Menschen, sich die zisterziensische Geschichte und ihr Kulturerbe anzueignen. Die Pädagogik ist ein wesentlicher Grundpfeiler für diese Aneignung und trägt zum Fortbestand der noch erhaltenen Stätten bei.

Die Gesellschaft und ihre Mitglieder begünstigen und fördern alle Initiativen, die in diese Richtung gehen – besonders die Aktionen und speziellen Hilfen für Schüler, oder pädagogische Veranstaltungen und didaktische Mittel jeglicher Art.

Artikel 5. Forschung 

Engagement, sämtliches historische und sonstige Wissen, das zur Kenntnis des Kulturguts nützlich ist, zu sammeln und zu bewahren

Die Gesellschaft unterstützt ihre Mitglieder bei allen individuellen oder kollektiven Bemühungen, die darauf zielen, jegliche Information zu sammeln und zu bewahren, sei sie historischer, archäologischer, literarischer, bildlicher oder sonstiger Natur, soweit sie zum kollektiven Wissen über die Zisterzienser beiträgt, und erlaubt, ein Forschungsprojekt, insbesondere durch Akademiker, ins Leben zu rufen und zu nähren. Die Gesellschaft unterstützt die Initiativen zur Bildung einer Wissensdatenbank und regt die Nutzung moderner Technologien zur Vermittlung und Bereitstellung des Wissens an.

Artikel 6. Erfahrungs- und Wissens-Austausch

Engagement, Kenntnisse und Erfahrungen zwischen den Mitgliedern auszutauschen und zu teilen

Die Gesellschaft, als einzigartiges europäisches Netzwerk von Zisterzienserstätten, ist ein privilegierter Ort zum Austausch von Wissen und Erfahrung zum Erhalt des Kulturerbes. In diesem Sinne bietet sie den Mitgliedern verschiedene Möglichkeiten, sich zu treffen, und stellt ihnen Mittel zur Verfügung, die zur Verwirklichung jeglicher Initiative geeignet sind.

Artikel 7. Weitergabe

Engagement, den künftigen Generationen zisterziensischses Baugut und Ländereien unter den bestmöglichen Bedingungen für deren Erhaltung weiterzugeben

Die Gesellschaft und ihre Mitglieder sind sich bewusst, dass die Weitergabe von Kulturgütern immer einen kritischen Moment für historische Gebäude und Räume darstellt. Deshalb setzt sich die Gesellschaft dafür ein, dass die bestmöglichen Bedingungen für eine dauerhafte Erhaltung der historischen Gebäude und Ländereien gewährleistet werden, wenn zisterziensisches Kulturgut bei Besitznachfolge, Verkauf oder Schenkung weitergegeben wird.

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